Polen



 

Juhu! Die Grenzabfertigung ist hinter uns und der polnische Schlagbaum hat sich geöffnet! Wir brausen nur wenigen Meter, da wir einen Bärenhunger haben und stellen uns rechts in den Wald – und wo landen wir? An einem griechischen Friedhof! Nicht nur, dass uns unser geliebtes Hellas nicht loszulassen scheint - nein, wir wissen auch jetzt, dass es griechische Friedhöfe in Polen gibt.

 

Wir bunkern im Ustrzyki Dolne noch Lebensmittel (der LIDL hat uns wieder 😉) und fahren dann durch eine wunderschöne und abwechslungsreiche Mittelgebirgslandschaft Richtung des Bieszczadzki Nationalparks, welcher das Herz der polnischen Waldkarparten markiert. Übernachten tun wir jedoch an einem Aussichtspunkt, welcher einen wunderschönen Fernblick über die Gipfel der Waldkarpaten bietet.

 

Obwohl wir erst wenige Stunden in Polen weilen, ist der Unterschied frappierend: Wir sind wieder von freundlichen, fröhlich-lachenden und höflichen Mitmenschen umgeben. Schön!

 

Am nächsten Tag geht es zwar nur wenige Kilometer weiter, doch sind wir inmitten der Karpaten: Warnschilder, welche den Besucher vor den Bären warnt, glasklare Flüsse, kühle Gebirgsluft und… Touristen: Sind wir doch in der Hauptsaison hier. Dies spüren wir im Hauptort des Nationalparks, in Ustrzyki Gorne: Wanderbegeisterte Menschenmassen überfluten die überschaubaren Parkplätze förmlich. Für uns bedeutet dies unverzüglicher Rückzug. Wenige Kilometer von diesem Wandermekka entfernt finden wir unser kleines Paradies: Auf einem kleinen Wald-/Wiesengrund, welcher für das Zelten freigegeben ist (naja, wir haben ja nicht umsonst ein Dachzelt), stellen wir uns neben den rauschenden Wolosaly-Fluss. Moritz geht zum Angeln und fängt nach kurzer Zeit eine schöne Bachforelle, während ich mit meiner vierbeinigen Begleiterin eine erste Wanderung starte. Wenige Meter vom Gecko entfernt stolpere ich förmlich über die ersten Spuren eines kapitalen Bären und wenige Meter über Hirschspuren. Klasse!

 

Nach erholsamer und kühler Nacht starten wir am nächsten Morgen in kompletter Mannschaftsstärke zu einer traumhaften Wanderung inmitten dieser grandiosen, nahezu unberührten und menschenleeren (… man muss halt wissen, wo man wandert 😎) Natur zum Gasthaus im 8 Kilometer entfernten Muczne. Es begegnet uns keine Menschenseele und wir erhoffen hinter der nächsten Kurve einen Hirsch, Bären, Luchs oder Wolf zu erblicken. Doch das wäre wohl zu viel des Guten. Trotzdem entdecken wir so manche in weiten Teilen Europas vom Aussterben bedrohte Tierart, wie z.B. die Gelbbauchunke oder den Schwarzstorch.

 

Vollkommen baff sind wir wegen einer ganz anderen Entdeckung: Nach einer Kurve ist mitten im Nirgendwo ein provisorisches und autonomes Camp der linken Antifa aufgebaut: Eingangsbereich, „Wächterzelt“, Küchenzelt und eine Menge politischer Fahnen und Parolen. Unfassbar! Ob die Nationalparkverwaltung dies schon weiß…?

 

Gut ist auf den Schrecken auch das zünftige polnische Essen im Gasthaus und mit Hilfe der spanisch-sprechenden Köchin finden wir eine gemeinsame Fremdsprache und können uns nett unterhalten.

 

Ganz unter dem Motto „Wandern“ steht auch der nächste Tag: Bei einer schönen Rundwanderung kommen uns zwar Unmengen an polnischen Wanderern entgegen, aber wir freuen uns über die vielen Freundlichkeiten und Grüße der Einheimischen. Balsam für unsere enttäuschte (Ukrainen-)Seele.

 

Eines steht fest: Die Waldkarpaten sind eines unserer Highlights! Auch unsere Weiterfahrt über Nowy Sacz Richtung Krakau ist überwiegend ein Traum: Die endlosen Wälder der Beskiden (welche übrigens auch zu den Karpaten gehören), welche das Grenzgebiet zwischen Polen und der Slowakei bilden, begleiten uns noch lange… .

 

Südlich von Krakau erwartet uns ein weiteres Highlight: Das Salzbergwerk Wieliczka! Dieses UNESCO Weltkulturerbe hat sich in 700 Jahren zu einem Geflecht aus satten 245 Kilometern, welche sich auf 9 Ebenen mit einer maximalen Tiefe von 327m verteilen, entwickelt. Gigantisch! Wir kennen mehrere Bergwerke, aber die Dimensionen der Salzmine Wieliczka sprengen alle uns bekannten Dimensionen: Von Hallen, welche 40m hoch sind und den sonntäglichen Gottesdienst beherbergen, über Seen, welche mit Booten befahren werden können bis hin zu einer kompletten (zwar touristischen, aber immerhin) Gastronomie inkl. Konzertsaal.

 

 

 

Wir freuen uns trotzdem wieder, über Tage zu sein und passieren Krakau – natürlich mittendurch, da wir möglichst ohne die Mautbox „Via Toll“ auskommen wollen. Doof nur, dass auch (entgegen unserer Informationen) diese auch auf den von uns nun benutzten Bundesstraßen gilt und die Kontrollbarke, welche mit den (wenn eben vorhandenen) Mautgeräten kommuniziert. Wir sind gestresst, wollen wir doch schließlich keine illegalen Mautpreller sein, sondern abseits der großen Schnellstraßen reisen. Der schnelle Blick zur Karte offeriert uns auch keine nahe Via Toll Verkaufsstelle. Dann eben nicht und hoffen- ist unser Ziel doch nur noch wenige Kilometer entfernt: Der Ojcowski Nationalark. Dieser Park erinnert sehr an unser heimisches und uns wohl bekanntes Donautal mit seinen Felsen und tiefen Schluchten, umgeben von dichtem Laubwald. Dieser Platz ist für unsere Durchreise ideal, bietet er uns doch einen ruhigen Stellplatz und eine gute Wandermöglichkeit für uns und unsere Butterfly.

 

Gegen Mittag geht es weiter nach Tschenstochau, einem der größten Marienwallfahrtsorte der Welt. Auf dem Weg dorthin passieren wir auch den Großraum Kattowitz, welcher mir auch wohl bekannt ist: Bin ich doch mehrfach dort gewesen und habe Ahnenforschung betrieben, um einen Teil meiner Wurzel ein wenig näher zu beleuchten… .

 

 

 

Doch weiter zu unserem Ziel, das Paulinenkloster auf dem Lichten Berg, wo sich auch die Kapelle mit dem weltberühmten Bildnis der schwarzen Madonna hängt. Der Überlieferung nach soll es der Evangelist Lukas höchstpersönlich auf ein Stück Zypressenholz gemalt haben, das vom Tisch der Heiligen Familie entstammen soll. Ob das in Wirklichkeit so ist, spielt für uns keine entscheidende Rolle: Wir sind tief beeindruckt von der gelebten Religiösität der Polen und den unzählbaren Dankesgeschenken und -zeugnissen der Geheilten, welche vorher hier in Tschenstochau um Heilung von körperlichen Gebrechen gebeten haben: Diese hängen zu Tausenden an den Wänden und geben stummes Zeugnis ab.

 

 

 

Wir schlendern noch durch das relativ leere Kloster (ist es doch auch schon beinahe 20 Uhr) und freuen uns (wieder einmal) auf unsere Betten. Man, ist das Reisen anstrengend! Unsere letzte Nacht im Ausland ist erholsam und wir düsen weiter Richtung der deutschen Grenze. Es regnet (im Übrigen seit Tagen jeden Tag; glücklicherweise nicht ununterbrochen) und somit fällt das Nachhausekommen nicht ganz so schwer.